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IVF? Ich? Wir?! Niemals!

Autorenbild: Anna BergmannAnna Bergmann

Hätte man mich vor zehn Jahren gefragt, ob ich mal durch eine künstliche Befruchtung Mutter werden würde, dann hätte ich wahrscheinlich gedacht, das sei ein schlechter Witz. IVF ist immer erstmal für die anderen, denn man selbst hat ja nichts.


Niemand steht jemals mit dem Gedanken auf, dass man es ja aus Spass mal mit einer IVF probieren könnte. Auch wenn es in anderen Ländern ein weitaus entspannteres Verhältnis dazu gibt (etwa Paare, die keine Zeit verlieren wollen und ohne Indikation damit beginnen - davon kann man halten was man will), ist IVF doch immer eine grössere Mauer als andere Herausforderungen bisher.


Im heutigen Artikel möchte ich daher ein paar Gedanken zu dieser Angst vor IVF teilen. Wenn man zum ersten Mal mit der Option IVF konfrontiert wird, fühlt sich das in jedem Fall wie eine riesige Hürde an. Bisher ist mir niemand begegnet, der das auf die leichte Schulter genommen hat, egal aus welchen Gründen. IVF ist wie ein Schlag aus dem Abseits, die Erkenntnis, dass es anders nicht klappen wird. Aber was steckt hinter dieser Ohnmacht?


Es ist die Angst. Die Angst vor den verschiedensten Dingen, seien es Schmerzen, die Ausgeliefertheit, Schamgefühle, finanzielle Unsicherheit oder das Unbehagen, ob sich der ganze Aufwand mit all dem Druck lohnt. IVF ist eine neue Hausnummer.


Dies soll kein Plädoyer für eine IVF werden, denn es gibt auch gute Gründe, keine IVF zu machen (dazu ein anderes Mal mehr). Fast alle Betroffenen teilen die gleichen Sorgen, aber bereits durch die Wahl der falschen Klinik können sich diese viel leichter realisieren, als wenn man eine sorgfältige Strategie hat. Auf einige dieser Sorgen möchte ich hier eingehen.


Ausgeliefertheit

Ich nenne diesen Punkt bewusst zuerst, denn er wird fast immer ignoriert und kommt oft erst sehr spät an die Oberfläche.


Wenn man es bisher mit einer konservativen Hormonstimulation im heimischen Schlafzimmer weiter probiert hat (z.B. Clomifen, Letrozol), dann ist IVF eine andere Liga. Viele Betroffene verdrängen diesen Punkt am meisten, sodass er oft erst nach den Behandlungen oder gar Jahre später angesprochen wird. Die Schamgefühle einer Patientin werden bei einer IVF aufs Äusserste ausgereizt, denn wer liegt schon gerne mit gespreizten Beinen mit fünf unbekannten Leuten in einem mit Flutlicht beleuchteten Raum - da ist es auch egal, ob man eine Vollnarkose hat oder nicht. Viele Betroffene berichten mir, dass sie dies in dem Moment völlig verdrängt hätten, Hauptsage Augen zu und durch. Das heisst aber nicht, dass das nicht seine Spuren hinterlässt. Trotzdem ist eine IVF eine andere Erfahrung, als wenn man eine Knieoperation hat oder sich die Augenlider straffen lässt.


Meine eigenen Erfahrungen aus mehreren Kliniken könnten hier unterschiedlicher nicht sein. Während ich mir in einer Uniklinik in einem OP-Saal vorkam wie in einem Schlachthaus (was bis heute nachwirkt), waren die Eingriffe in meiner letzten Klinik absolut erträglich. Dabei wird oft unterschätzt, welche Auswirkungen das Ambiente haben kann. Ambiente? Das ist doch egal?! Nein, ist es nicht. Auch wenn die Farbe der Tapete keinen Einfluss auf meine Schwangerschaftsrate hat, dann hat es sehr wohl einen Einfluss, wie ich mich fühle und ob ich in der Lage bin, diese Prozedur noch mehrfach über mich ergehen zu lassen oder nicht.


Mein Tipp: Unterschätze niemals das Ambiente und das Personal einer Klinik. Worauf du im Detail achten musst, erfährst du in meinem kompakten Online-Kurs "Klinik Kompass". Eine IVF in einem stressfreien Ambiente startet und endet ganz anders als das Standardprogramm. Und: Es ist möglich. Es ist möglich, dass man dem Personal dabei in die Augen sehen kann ohne Masken und anonyme Hauben, ohne klassische OP-Kleidung. Es ist möglich, dabei Musik zu hören, zu sprechen und so weiter. Der Eingriff kann erträglich gemacht werden und das sollte die oberste Priorität sein. Dann halten sich auch Schamgefühle in Grenzen - auch wenn du das erst später merkst.


Schmerzen / Komplikationen

Die Angst vor Schmerzen ist auch hier allgegenwärtig, aber in der Praxis tatsächlich oft vernachlässigbar. Wenn du sehr schmerzempfindlich bist, sprich das unbedingt vorher an. Die Risiken und Nebenwirkungen können in den meisten Fällen sehr gut gemanagt werden. Der überwiegende Teil meiner Klientinnen beschreibt die Schmerzen als viel weniger schlimm als gedacht. Diesen Punkt würde ich als den unwichtigsten Punkt bezeichnen.


In der Klinik geht es immer nur um medizinische Faktoren wie Risiken un Nebenwirkungen. Nach 32 eigenen KiWu-Behandlungen und unzähligen Coachings kann ich aber sagen, dass dieser Punkt im Gesamtbild am wenigsten relevant ist. Die weiteren Faktoren sind am Ende viel entscheidender, ob Betroffene den Weg der IVF (wieder) wählen. Die richtige medizinische Methode zu wählen reicht deshalb nicht aus.


Psychischer Druck

Der psychische Druck ist gross, denn das Thema begleitet einen ja nicht nur am Tag der Eizellenentnahme, sondern in der Regel schon mehrere Monate davor plus während dem eigentlichen Behandlungsmonat. Es sind immer kleine Grenzüberschreitungen, die wir während dieses Prozesses erleben, von der ersten Spritze setzen bis zum ersten Kontrollultraschall mit 17 Follikeln im Bauch - es geschieht alles zum ersten Mal und es ist alles überwältigend. Hier ist das Geheimrezept eine gute Strategie: Mit meinen Klientinnen stimme ich den gesamten Alltag so ab, dass sich die Behandlung möglichst gut integrieren lässt, von der Arbeit bis zur Zusatzversicherung - es gilt mögliche schädliche Einwirkungen im Vorfeld zu erkennen und zu neutralisieren oder zu vermindern. Tut man das nicht, gerät man schnell in ein schleuderndes Karussell und wird nicht so schnell wieder eine zweite Runde wagen.


Der wichtigste Aspekt ist aber, dass man sich auch auf ein negatives Ergebnis vorbereiten sollte. Ich weiss wovon ich spreche, denn ich musste das 31 von 32 Mal tun. In meinem Coaching arbeite ich mit Klientinnen zu allererst daran, denn eine gute Vorbereitung ist hier Gold wert, selbst wenn man hofft, dass man sie nicht brauchen wird. Ohne akkurate Vorbereitung fällt man in ein viel tieferes Loch, aus dem es länger dauert, wieder herauszukommen. Nachdem ich dies jahrelang erproben konnte, war mein 31. negatives Ergebnis ein Bruchteil so schlimm wie das erste.


Finanzielles

Das Finanzielle kommt zum Schluss aus gutem Grund: Wenn alle Punkte zuvor bereits optimal aufgegleist sind, sind auch die finanziellen Folgen geringer. Zugegeben, niemand hat einfach so 10'000 Euro für eine IVF übrig, oder zumindest die wenigsten unter uns. Selbst wenn das so wäre, hätte man vermutlich bessere Investitionsideen als eine künstliche Befruchtung. Trotzdem gibt es an dieser Stelle einen wichtigen Punkt: Ist man in der falschen Klinik oder hat man keine Strategie, dann wird eine IVF zu einem Spiessrutenlauf und der finanzielle Druck kommt dazu. Ganz konkret: Wenn man drei Kassenversuche in einer unpassenden Klinik verschenkt, dann hat das schwerwiegende Konsequenzen auf die Finanzen, weil man plötzlich 50'000 Euro locker machen muss. Damit gehen oft schwierige Entscheidungen einher wie Weiterbildung absagen, Auto verkaufen usw.

Natürlich gibt es medizinische Fälle, in denen das auch in der perfekten Klinik und mit einer guten Strategie zur Diskussion stehen wird, aber meine Erfahrung zeigt, dass es eben oft viel zu früh und in unnötigen Situationen zum finanziellen Supergau kommt. Eine schlechte oder fehlende Strategie kann einen sehr viel Geld kosten und es ist schade, deshalb aufhören zu müssen.


Fazit

Nach 32 eigenen KiWu-Behandlungen kann ich sagen, dass die erste Hürde IVF für mich viel höher war, als jede die danach kam. Die Angst war wie eine riesige Mauer vor mir (man denke etwa an die Mauer zum Winter in Game of Thrones...), aber je mehr ich auf sie zu ging, nicht mit dem Rücken zur Wand sondern selbstbewusst einen Schritt weiter. Manchmal einen zurück, dann aber wieder zwei vor. Die Mauer rund um die IVF wurde kleiner und kleiner. Sie verschwand zwar nicht ganz, aber ein Gedanke hat mich all die Jahre da durch getragen und den möchte ich dir auf den Weg geben:


Andere Frauen haben das auch schon geschafft!

Werde dir über deine Ängste und Gefühle gewahr und sprich darüber. Das Beste was du tun kannst, ist sie anzusprechen und sie zu analysieren, denn du wirst sehen, dass man daran arbeiten kann. Sie müssen nicht ganz verschwinden, aber mit einer guten Strategie kann man ihnen in die Augen sehen und bestenfalls lächelnd an ihnen vorbeigehen.


Gerne berate ich dich auf deinem individuellen Weg. Melde dich für ein unverbindliches Erstgespräch.


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