Tabuthema: Eifersucht auf andere Mütter
- Anna Bergmann
- 4. Juli 2024
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. März
Es ist dieser eine Moment. Du stehst nichtsahnend an der Kasse, als vor dir eine frischgebackene Mama mit ihrem Neugeborenen im Tragetuch steht. Ein kurzer Blick – und da ist es wieder. Dieses Ziehen im Bauch. Dieses leise, nagende Gefühl von Eifersucht.
Oder der Schock, wenn die ohnehin schon unsympathische Kollegin im Büro fröhlich verkündet, dass sie schwanger ist. Natürlich ganz „ungeplant“. Natürlich „beim ersten Versuch“. Je länger man in dieser Spirale ist, desto mehr sieht man überall nur noch Bäuche und Kinderwagen und man fühlt sich regelrecht verfolgt von dem Thema.
Kaum jemand spricht es aus – aber fast jede Frau mit unerfülltem Kinderwunsch kennt es.
Dieses Gefühl kann besonders grausam sein, wenn es um Menschen geht, die wir lieben. Die eigene Schwester. Die beste Freundin. Menschen, denen wir eigentlich nur das Beste wünschen.
Eifersucht auf andere Mütter.
Und dann dieses innere Dilemma:💔 Warum kann ich mich nicht einfach freuen?💔 Bin ich ein schlechter Mensch, weil ich es ihr nicht gönnen kann?💔 Warum fühlt es sich an, als wäre ich selbst schuld, dass es bei mir nicht klappt?
Ich kenne diese Gedanken nur zu gut. Ich arbeitete in einem Büro, in dem eine Kollegin nach der anderen schwanger wurde. Ich fühlte mich regelrecht verfolgt von Schwangerschaftsverkündungen – und ging morgens mit der Angst ins Büro, wer heute wieder mit glänzenden Augen erzählen würde, dass es „jetzt schon wieder geklappt hat“.
Tatsächlich geschah es mehr als einmal, dass ich an genau den Tagen, an denen ich ein negatives Ergebnis in den Händen hielt, von einer neuen Schwangerschaft erfuhr.
Manchmal zog ich mich in die Bibliothek zurück, weil ich wusste, dass in der Pause niemand das Regal mit den Büchern zum Verwaltungsrecht aufsuchen würde. Ich ließ dort meinen Tränen freien Lauf.
Und manchmal… manchmal war ich nicht einmal mehr eifersüchtig – sondern einfach nur wütend.
Aus meiner Sicht gibt es zwei Arten von Eifersucht. In manchen Fällen sind Menschen auf andere neidisch, weil diese etwas haben oder können, was sie selbst erreicht haben. Das kann ein schönes Haus sein, ein volles Bankkonto, gut Französisch zu sprechen, im Job erfolgreich zu sein usw. Diese Menschen haben aber oft einen unermüdlichen Einsatz gebracht, um ihre Ziele zu erreichen. Würde man den gleichen Einsatz aufbringen, würde man dieses Ziel auch erreichen. Wenn man dazu aber nicht bereit ist , kann man sozusagen die beleidigte Leberwurst machen und einfach neidisch sein. Man möchte das Gleiche erreichen, nur ohne Aufwand. Da das nicht möglich ist, verspürt man einen Unmut. Um diese Art der Eifersucht geht es hier aber nicht.
Die andere Art von Eifersucht ist eine, bei der man von vornherein keine Chance hat, das Erstrebte zu erreichen. Es wird ein Mangelgefühl ausgelöst, was zutiefst menschlich ist. Mangelgefühle gehören zu unserem Überlebensinstinkt. Diese Form ist viel schwieriger auszuhalten, weil man die Situation selbst nicht beeinflussen kann und als ungerecht empfindet. Eifersucht auf andere Mütter gehört in diese Kategorie, weil es nicht am „etwas tun“ liegt, ob man schwanger wird oder nicht. Man ist dem Thema ausgeliefert und es gibt keine Erklärung dafür, warum jemand anderem ein Kind gegönnt wird und einem selbst aber nicht.
Stattdessen wird einem eine neue Schwangerschaft präsentiert, als wäre es das Einfachste auf der Welt (was es für diese Leute manchmal auch tatsächlich zu sein scheint). Die Eifersucht entsteht, weil andere oft selbst gar keine Vorstellung davon haben, dass so etwas wie schwanger werden für andere vielleicht schwierig sein kann. Diese Leichtigkeit ist dann manchmal etwas, was einen als Betroffene zusätzlich provoziert und Wut hervorruft.
Ich persönlich hatte und habe immer noch Mühe mit Müttern, die sich überschwänglich über ihre Kinder aufregen, lamentieren wie anstrengend das alles sei und so weiter. Natürlich ist das Leben als Mama oft anstrengend, aber manchmal erscheinen solche Klagen sehr klein und undankbar gegen die Alternative, gar keine Kinder haben zu können.
Oft hätte ich jedes schreiende Baby gerne angenommen, weil das immer noch besser gewesen wäre, als kein Baby zu haben.
Auch heute sehe ich viele Dinge um ein Vielfaches entspannter als jene Mütter, die nicht auf ihre Schwangerschaften warten mussten oder keine Verluste erlitten haben.
Das will überhaupt nicht heissen, dass andere Mütter ihre Kinder weniger lieb haben. Jede Mutter hat eine einzigartige Beziehung zu ihrem Kind. Für Betroffene von unerfülltem Kinderwunsch hört sich manches aber wie Klagen auf hohem Niveau an, wenn sie alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen, um schwanger zu werden und es trotzdem nicht klappt.
Es ist gewissermassen auch der Neid auf deren Freiheit, auf die Freiheit keine Behandlungen machen zu müssen, das Geld für etwas anderes ausgeben zu können, die Schwangerschaften einfach geniessen zu können und so weiter. Es ist der Neid auf ein Leben, das einem momentan versagt bleibt.
Bist du deshalb ein schlechter Mensch? Nein.
Heute weiß ich: Diese Gefühle sind normal.
Sie machen dich nicht zu einem schlechten Menschen – sie machen dich zu einem Menschen, der sich nach etwas sehnt, das ihm bislang verwehrt blieb.
Und weißt du, was mir geholfen hat? Eine simple Frage:
👉 Würde ich wirklich mit dieser Frau tauschen wollen? Also ihr ganzes Leben? Ihren Mann, ihre Wohnung, ihre Freunde, ihre nervige Stimme, ihre unerzogenen Kinder mit den fürchterlichen Doppelvornamen, ihre schrille Lache – einfach ALLES?
Meistens kam dann ein klares: „Um Himmels Willen, nein!“ Und plötzlich konnte ich darüber lachen.
Hier habe ich ein paar Denkanstösse zusammengestellt, wie man besser mit Eifersucht auf andere Mütter umgehend kann:
Setze dich von vornherein bestimmten Situationen gar nicht aus, z.B. Babyshower-Parties, Taufen usw. Man muss nicht bei jeder weit entfernten Bürokollegin an der Babyparty zugegen sein.
Schaue über den Tellerrand: Es ist normal, dass du dich so fühlst und du bist nicht allein. Viele Betroffene fühlen das Gleiche.
Wenn du eifersüchtig auf eine schwangere Freundin bist - denke in guten Momenten an sie, was euch sonst noch alles Tolles verbindet
Mache dir bewusst, dass die Freundin XY an deiner Situation nichts ändern kann, auch wenn sie nicht schwanger wäre
Sprich an, dass eine Schwangerschaft von jemand anderem für dich schwierig ist (hierzu kommt bald ein separater Post!)
Stelle dir deren gesamtes Leben vor, inkl. Ehemann, Haus, Job usw. Würdest du immer noch mit ihr tauschen wollen?
Ziehe dich zurück, wenn du gerade nicht in den ganzen Baby-Glow involviert werden möchtest. Es ist normal, dass Freundschaften sich unterschiedlich entwickeln und in verschiedenen Lebensphasen enger oder weniger eng sind. Eine gute Freundin wird dafür Verständnis haben - vielleicht verbindet euch ja bald beide die Mutterschaft und ihr freut euch doppelt, dann verträgt es eine kleine Pause mit einem Rückzug.
Wenn dir deine Freundin diesen Rückzug übel nimmt, dann passt aus meiner Sicht die Freundschaft nicht. Das schmerzt - aber manchmal begleiten einen Menschen einfach für einen Abschnitt des Lebens und verlassen dieses wieder, wenn es nicht mehr passt.
Meine schönste Erfahrung dazu teile ich mit euch zum Schluss: Ich habe gerade durch meine lange KiWu-Reise dafür andere Freundinnen kennenlernen dürfen, die ich sonst nie getroffen hätte. Uns verbindet gerade wegen dieses schwierigen Themas so viel mehr als mach andere Freundschaft.
Wenn du dich in diesen Zeilen wiedererkennst: Du bist nicht allein.Ich habe all das durchlebt – und ich weiß, wie du aus diesem Teufelskreis aus Selbstzweifeln und Schuldgefühlen herauskommst.
💌 Lass uns gemeinsam daran arbeiten. In meinem Coaching unterstütze ich Frauen auf diesem schwierigen Weg – mit echtem Verständnis und Strategien, die wirklich helfen. Das Wichtigste: Bei mir im Coaching darf bzw. soll auch mal gelacht werden, denn unerfüllter Kinderwunsch bietet so groteske Situationen, über die ein Aussenstehender niemals lachen könne. Wir beide sprechen dieselbe Geheimsprache.
Schreib mir eine DM oder buche dein kostenloses Erstgespräch. ❤️
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